Standortwechsel für das Wylergut-Wandbild

Führung
Erwachsene
HKB KuR AA Wylergut 20240320 048

Ein Einblick in die restauratorische Massnahme der Abnahme und Übertragung des Wandalphabets von 1949 aus dem Schulhaus Wylergut. 

Die Abnahme einer Wandmalerei in der Restaurierung ist eine Massnahme mit «Ausnahmecharakter», die seit den 90er-Jahren in der restauratorischen Praxis – aufgrund des unvermeidlichen Materialverlusts und der Aufhebung des architektonischen Kontexts – nur noch im äussersten Notfall durchgeführt wird.

Historischen Abnahmetechniken und -verfahren an renommierten Werken in der Schweiz waren in der Vergangenheit an der Hochschule der Künste Bern (HKB) zwar Gegenstand der Forschung, jedoch als Mahnbeispiele für veraltete Praktiken, die heute nicht mehr angewendet werden. Angesichts der rassistischen Darstellungen und initiiert durch das Projekt «Das Wandbild muss weg!», wurden diese historischen Techniken erneut aufgegriffen, um das Wandbild im Schulhaus Wylergut abzunehmen und es in einen musealen Kontext zu überführen.
 
Am Europäischen Tag der Restaurierung geben Dozierende und Studierende der HKB sowie der Restaurator Ekkehard Fritz Einblick in die Durchführung der komplexen Massnahme, die Bildfelder aus der Wand zu schneiden und sie auf einen neuen stabilen Träger zu übertragen. Im Austausch mit dem Publikum debattieren sie auch über den Entscheid, die Werterhaltung des Wandbilds vor Ort zugunsten des Vermittlungswerts zurückzustellen.

Über das Wandbild 
In der Zeit des Postkolonialismus schufen die beiden Künstler Eugen Jordi und Emil Zbinden 1949 im Auftrag der Stadt Bern ein Wandalphabet. Das rund 3x4 Meter grosse Werk zeigt unter anderem rassistische Motive und hing bis 2023 im Treppenhaus der Primarschule Wylergut. Um dieses historische Wandbild kritisch neu zu verorten, hat eine Fachjury im Auftrag der Stadt Bern 2020 in einem Wettbewerbsverfahren Projektvorschläge erarbeiten lassen und sich für das Projekt «Das Wandbild muss weg!» entschieden. Dieses schlug die Abnahme des Wandbilds und die Überführung in das Bernische Historische Museum vor, damit am Beispiel des Werks die Debatte über Berns koloniales Erbe mit einer breiten Öffentlichkeit vertieft werden kann. Das Wandbild ist seit März 2024 Teil der Museumssammlung und wird aktuell in der Ausstellung «Widerstände. Vom Umgang mit Rassismus in Bern» gezeigt. 

Das Angebot ist im Eintrittspreis (Basistarif) enthalten und findet im Rahmen des Europäischen Tages der Restaurierung statt.

Photo credit: Hochschule der Künste Bern (HKB)